Autor Thema: Am Boden zerstört  (Gelesen 6658 mal)

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Offline merbi

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Am Boden zerstört
« am: 12. Juni 2014, 21:21:39 »
Hallo ihr Lieben!
Ich bin neu hier und seit einem Monat der verzweifelste Mensch!
Bei meinem Sohn (12 Monate)wurde vor kurzem der Verdacht ED in den Raum gestellt,da seine ersten beiden Zähne Zapfenzähne sind und er sehr helle Haare hat,kaum merkliche Augenbrauen hat und ich die Frage ob er schwitzt nicht beantworten kann,weil es mir noch nie aufgefallen ist!
Bis jetzt dachte ich, dass mein Kind völlig normal ist, seit Wochen suche ich nur noch nach Symptomen :'(
Mir kommt es so vor als wie wenn man mir den Boden unter den Füßen weggezogen hätte und ich habe riesengroße Angst, dass ich dem nicht gewachsen bin!
Was kommt alles auf uns zu???,Können wir noch glücklich sein?Können wir ein normales Leben führen??Fühle mich um mein Mutterglück betrogen :'(
Vielleicht hat wer aufbauende Worte über, ich bin nur mehr am heulen!!
LG merbi

Anna

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #1 am: 13. Juni 2014, 08:45:12 »
Guten Morgen Merbi,

verständlich - das Du am Boden zerstört bist und erst mal die Diagnose verarbeiten musst.

ABER ... und da muss ich Dich fast etwas schimpfen  :P

Können wir noch glücksein? Du warst vermutlich die letzten 12 Monate glücklich mit Deinem Sohn - warum sollte sich das ändern ...
Können wir noch ein normales Leben führen ? ja - warum nicht ... einige Dinge sind zu beachten (kann Dir Andrea Burk erklären)
Fühle mich um mein Mutterglück betrogen! Ähm ... bisher warst Du nicht damit betrogen und nur wegen einer Diagnose .... (was würdest du sagen wenn er Krebs hätte - dasselbe ?)  

So nun, die aufbauenden Worte: "das Leben geht weiter - egal wie"
Ich selbst habe EEC - das heisst noch fehlende Finger und Zehen und ich führe ein normales Leben und das wird Dein Kind auch.

Für die ED-Fragen ist Andrea Burk - die beste Ansprechpartnerin ... sobald sie hier wieder reinguckt ... wird sie Dir ihre Telefonnummer geben und sie kann Dir alle Fragen beantworten.

So liebe Merbi, Verzweifelung ist der schlechteste Ratgeber - nun heisst es halt den Weg im Leben ein bisschen anders zu gehen  :)
Wirst sehen - Du wirst eine supertolle liebe Mama - die das schafft.

Alles Gute und Liebe
von Anna :)

Offline Thomas Bantzhaff

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #2 am: 13. Juni 2014, 11:06:59 »
Hey merbi,

ganz liebe Grüße von mir :)

Ich bin ja "nur" betroffener, kann also nicht so ganz genau aus Eltern-Sicht sprechen. Ich bin 40, und damals vor 40 Jahren wusste man noch nicht mal so genau was ich habe. Das erste halbe Lebensjahr haben meine Eltern eine Diagnose nach der anderen um die Ohren gehauen bekommen... Mongolismus, vorzeitige Alterung, der wird max. 18 Jahre,.... Sie konnten sich dieses halbe Jahr nicht mal mit irgendetwas "abfinden" weil ständig was neues kam. Sogar bis zu der unterschwelligen Äußerung diverser Ärzte, dass es ja wohl schlicht die Schuld der Mama ist wenn sie keine gesunden Kindern kriegen kann. Also, erst mal war alles ganz schlimm und unser Kreiskrankenhaus hatte mich aufgegeben. Meine Eltern hatten mich dann auf eigene Verantwortung in die Uniklinik Ulm gebracht. Und von da an wars besser.

Heute, 40 Jahre später, bin ich bis auf ed ein ganz normaler Mann mit Vorzügen, Macken, Kanten, Ecken, Träumen, Wünschen, .... wie eigentlich jeder andere auch. Manchmal gut drauf, manchmal mieß, mal ausgeflippt gesponnen, mal ernst. Den heißen Sommer find ich zwar schei....., wie die wahrscheinlich meisten von uns, aber ich kenns ja nicht anders. Andere finden den kalten Winter blöd ;)

Ich kann auch sagen, dass ich es damals als Kind irgendwie besser vertragen habe als heute. Wir waren z.B. als ich ca. 10 Jahr alt war in Südfrankreich im Campingurlaub. Kleines Zelt, kein einziger Baum auf dem Campingplatz der Schatten spenden würde, 35° tagsüber ...  aber es war ein toller Urlaub.

Ich selbst hatte auch noch nie ernste gefährliche Probleme wegen der Hitze. Es ist bisher immer alles gut gegangen. Ohjeohje, so viel Text... Was ich Dir eigentlich sagen will.... Es klappt (trotzdem)! Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Dein Sohn auch ein netter glücklicher liebenswerter toller junger Mann. Ich finde, aus Sicht des betroffenen Kindes, am wichtigsten, dass Du ihn so annimmst wie er ist.  

... Teil 2 folgt ...
« Letzte Änderung: 13. Juni 2014, 11:17:37 von Banzi »

Offline Thomas Bantzhaff

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #3 am: 13. Juni 2014, 11:16:47 »
... Teil 2:

Er kann nichts dafür, wenn er im hitzigen Sommer nicht so kann wie alle anderen. Also hab Nachsicht. Andererseits - fordere ihn trotzdem ein bisschen. Nicht in Watte packen. Entsprechend seiner Möglichkeiten! Ich wurde z.B. vom Schulsport befreit, weil mich das vor allem im Sommer angestrengt hat. Das hat aber auch dazu geführt, dass ich etwas faul geworden bin ;) *grins* Lieber mit der Schule sprechen und eventuell keine Benotung (das war bei mir am Anfang so).

Und ruhig an allem Teilnehmen lassen. Auch wenns im Sommer heiß ist und er trotzdem irgendwo mitmachen möchte. Er wird wissen wann er langsam tun muß. Ich wurde damals als Kind viel zu oft in Watte gepackt. Was jetzt nicht heißen soll, dass das ein Vorwurf an meine Eltern ist. Damals wusste man einfach viel zu wenig über ed.

Mutterglück... Hm. Meine Eltern waren natürlich auch am Boden zerstört und haben viel geweint. Aber ich glaube zu wissen, dass sie sich trotzdem nie um ihr Elternglück betrogen gefühlt haben. Es war eben so wie es war. Man hat es so hingenommen, man konnte ja eh nichts ändern. Man hat sich einfach keine Gedanken um das "wieso" und "warum" und "was wenn..." gemacht. Die einen nennen es vielleicht naive junge Eltern, ich sage, das war im großen und ganzen richtig so.

Viel stressiger und ernüchternder waren dann die Kämpfe mit Versicherungen etc, weil der kleine Bub brauchte ja dann mit 5 Jahren eine Prothese. Vor 35 Jahren, wo noch keiner groß was darüber wusste. Da erst mal nen Zahnarzt zu finden war schon schwierig. Einer wollte mir unbedingt ein kleines Gebiss machen, aber seine Frau hat es ihm verboten. Bevor man da in was rein kommt .....

Ich finde, da hat man heute viel mehr Möglichkeiten, gute Ärzte, usw.
Und Du hast uns, die Selbsthilfegruppe. Frag alles was Du willst, es gibt keine blöden Fragen!!! :)

Okay, hm, mein Beitrag war jetzt etwas ... "unstrukturiert". Aber vielleicht bringen Dir meine Zeilen ja trotzdem was :)  8-)

« Letzte Änderung: 13. Juni 2014, 11:22:22 von Banzi »

Offline Jasmina

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #4 am: 16. Juni 2014, 10:55:57 »
Liebe Merbi,

ich kann mir gut vorstellen, dass es dir zurzeit nicht so gut geht. Und ich finde es mutig von dir, dass du davon erzählst und nicht alleine damit bleibst.
Ich habe selbst ED und bin glücklich über mein Leben :-) Ein Leben mit ED ist genauso lebenswert wie eines ohne. Darüber brauchst du dir also nicht mehr länger sorgen zu machen! An ED stirbt man nicht und deshalb darfst du deinem Sohn jetzt auch nicht das Gefühl geben, dass er krank/falsch/schlecht/ein Problem/... ist. Er ist der selbe Sohn wie in den letzten 12 Monaten, ob mit oder ohne Diagnose.

Und trotzdem verstehe ich es unglaublich gut, dass du am Boden zerstört bist, nur noch Fragen und Herausforderungen vor dir siehst und nicht weiter weißt - du hast das ja auch noch nie gemacht!

Vielleicht würde es dir gut tun, mit gleichgesinnten zu sprechen, d.h. anderen Müttern. Also ich weiß dass meine Mama immer offen für Gespräche ist. Sie hat mich ganz wunderbar großgezogen und musste auch erst mal lernen, mit der Situation umzugehen, als die Diagnose kam.

Wenn du Interesse hast, schreib mir ein PN, dann geb ich dir die Telefonnummer meiner Mutter.
Ansonsten wird dich sicher bald Andrea Burk kontaktieren (wenn das nicht bereits geschehen ist). Sie hat total den Plan :-)

Alles Liebe,

Jasmina :)
All unsere Streitigkeiten entstehen daraus, dass einer dem anderen seine Meinung aufzwingen will.
~ Mahatma Gandhi

Offline Mustafa

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #5 am: 16. Juni 2014, 19:31:32 »
Hi Merbi ihr könnt glücklich sein das kannst du mir glauben warte erstmal ab ob es wircklich so ist und wenn doch dann muss man es Akzeptieren und du brauchst davor keine Angst haben ich leide selber an Ed und bin glücklich jeder hat seine tiefen und höhen macht euch nicht verrückt und Kopf Hoch  ok freundlischen Gruß Mustafa :)

Anna

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #6 am: 16. Juni 2014, 21:09:22 »
Liebe Merbi,

wie geht es Dir/Euch?
Konntest Du dich schon etwas beruhigen ?

Ich weiss, Du hast viele Fragen. Andrea scheint im Moment in Urlaub zu sein ...  :D - an die Andrea habe ich nämlich auch eine wichtige Frage  ::)  

Wichtig für Euch ist - erst mal Ruhe rein zubringen. Das ganze langsam zu verarbeiten.

Ich wünsche Dir/Euch alles Liebe und Gute

Anna  :)
« Letzte Änderung: 16. Juni 2014, 21:12:59 von Anna »

Offline mieb

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #7 am: 22. Juni 2014, 20:23:01 »
Hallo Merbi,

ich möchte dir (und natürlich auch allen anderen) unsere Geschichte erzählen... Ich hoffe sie baut dich etwas auf!!!!

Unsere Tochter ist mittlerweile 2 Jahre alt. Mit einem Jahr bekam sie ihren ersten Zahn. Danach tat sich 8 Monate nichts mehr. Das machte uns schon unruhig. Die aufgesuchten Zahnärzte waren sich sicher, dass die Zähne alle noch kommen. Als dann der nächste Zahn ein Backenzahn war, wussten wir, dass da etwas nicht stimmen konnte. Aber was stimmte nicht?! Mit 1,5 Jahren hieß es, dass die kleine Maus auf jeden Fall eine Zahnentwicklungsstörung hat und dass das einfach mal vorkommen kann. Man müsste das abwarten und schauen wieviel Zähne kommen. Damit konnte ich mich nicht abfinden. Vor allem, da noch weiterer Kinderwunsch besteht (Ein weiteres Kind könnte ja stärker betroffen sein; von was auch immer).
Nun fing ich an auf eigene Faust zu recherchieren. Ich bin öfters auf ED gestoßen. Aber alle weiteren Symptome fehlten (in meinen Augen).
Zufällig bin ich dann auf diese Seite gestoßen; da las ich, dass gerade Frauen viel, viel weniger Symptome aufzeigen wie Männer. Da war ich erstmal richtig geschockt. Ich rief dann bei Andrea Burk an. Sie konnte mir sehr viele Informationen geben. Sie riet uns auch zu einem Gentest.
Zusammen mit unserem Kinderarzt sind wir diese Sache dann angegangen.
Bei der Voruntersuchung meinte die Genetikerin, dass sie nicht an ED bei unserer Tochter denkt. Sondern "nur" an eine Zahnentwicklungsstörung. Sie riet uns zu einer Nierenuntersuchung, da Zähne und Nieren bei der Entwicklung oft zusammenhängen. Das hat uns wirklich sehr geschockt und lag uns auch wirklich schwer im Magen. Ich muss dazu sagen, dass unsere Maus öfters mit Harnwegsinfekten zu tun hat  :-/
Da deswegen schon öfters der Urin untersucht worden ist, konnten größere Probleme ausgeschlossen werden.
Die Genetikerin meinte auch, dass es schon ein bissl die Suche im Heuhaufen ist. Es kann auch sein, dass es überhaupt kein Ergebnis gibt!

Offline mieb

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #8 am: 22. Juni 2014, 20:41:06 »
Teil 2

Ca 3 Monate später kam dann der Anruf der Genetikerin.
Sie haben eine Störung auf dem ED-Gen gefunden; eine die in der Literatur noch nicht beschrieben ist. Die Störung sei auch sehr mild.
Bei mir und meinem Mann konnte sie nicht nachgewiessen werden (Wiederholungsrisiko liegt bei 1-2%).
Wenn mir das 5 Monate vorher jemand gesagt hätte, wäre ich glaube ich tot umgefallen. Da jedoch auch viel, viel schlimmere Krankheiten im Raum standen, war es eine Erlösung! Wir und irgendwann unsere Tochter haben Klarheit. Wir wissen wo die Experten sind (nämlich hier  :D). Und was noch viel besser ist: Es gibt einen (Prof. Schneider) der sich der Sache mit Haut und Haaren angenommen hat: Dieser hat nämlich ein Medikament entwickelt, dass die ausprägung der Erkrankung stark reduzieren kann. Das Ziel ist, dass die betroffenen Kinder im Mutterleib schon dieses Medikament erhalten. Das heißt, dass unsere Kinder sich später (wahrscheinlich) nicht überlegen müssen, ob sie das Risiko eingehen und Kinder bekommen die vll. betroffen sein können (das hoffen wir zumindest!!!!).

Mittlerweile haben wir durch Andrea und Prof. Schneider auch verstanden, dass wirklich nur die äußere Hülle des Körpers betroffen ist. Keine inneren Organe oder ähnliches. Das ist wirklich beruhigend und auch ein ganz, ganz großes Glück!
Klar ist es nicht toll wenn Zähne fehlen und Haare und Schweissdrüsen! Ich möchte das auf keinen Fall herunterspielen! Aber man kann damit Leben uns sich arrangieren.

Unsere Tochter hat 12 angelegte Milchzähne; sie schwitzt weniger als normal (an manchen Stellen mehr und an anderen weniger), sie hat dunkelblonde Haare. Diese sind sehr dünn und an manchen Stellen auch nicht so dicht. Jedoch wachsen Sie verdammt schnell  :P
Aber was noch viel wichtiger ist: Sie ist für uns das tollste Kind der Welt. Ein extremer Sonnenschein! Verdammt lieb und was sehr nervenschonend ist: Verdammt vernünftig für ihre 2 Jahre  ;)

Hoffe dein Glas wieder halb voll?! Lass von dir hören

Offline Dami

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Re: Am Boden zerstört
« Antwort #9 am: 21. September 2014, 19:58:39 »
Hallo Merbi,
Ich weiß nicht, ob dich meine Nachricht noch erreicht. Aber ich versuch es einfach.
Ich bin selber Mama von 2 süßen Kindern. Unser Sohn ist  knapp 4 und unsere Tochter knapp 2. Und, das dürfte dich vor allem interessieren, mein Mann hat ed.
Ich verstehe,  dass es dir mit der möglichen Diagnose so schlecht geht. Du weißt ja gar nicht, was das für euch bedeutet.
Aber das eine kann ich dir sagen: ich habe den besten,  schönsten und schlausten Mann der Welt geheiratet. Und ich bin mir sicher: auch wenn sich bei euch ed bestätigt,  ihr werdet das schaffen.  Hilfe findest du vor allem hier und bei guten Ärzten.
Und dein Sohn wird zu einem tollen, fröhlichen Mann heran wachsen, um den die Frauen sich schlagen werden. Auch wenn es komisch klingt, bei meinem Mann war es sicher so: ed hat sein Inneres wunderschön gemacht. Weil er nicht nur auf das Aussehen schaut.

Alles Liebe Dami

 

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